Sommererinnerungen

Sommererinnerungen

Ein Tag im Augarten – wo der Sommer Wienerisch spricht

Es gibt Sommertage in Wien, die fühlen sich an wie ein frisch gezapftes „Ja zum Leben“. Einer davon beginnt im Augarten. Die Sonne hängt goldgelb über der Stadt, noch nicht zu heiß, eher wie jemand, der höflich fragt: „Darf ich ein bissl wärmen?“

 

Der Weg durchs Tor ist wie ein Zeitsprung: Barocke Ordnung trifft auf Wiener Gelassenheit. Links die akkurat geschnittenen Hecken – preußisch im Anspruch, wienerisch im Ergebnis. Rechts ein Flak-Turm, der aussieht, als hätte er vergessen, dass der Krieg längst vorbei ist und jetzt einfach nur Teil der Kulisse sein darf.

 

Auf den Wiesen: Menschen in allen Zuständen der Sommerzufriedenheit. Studierende liegen auf Picknickdecken und tun so, als würden sie lernen. Ein älterer Herr liest die Zeitung, und zwar die gesamte – inklusive Todesanzeigen. Ein Pärchen teilt sich ein Marillen-Croissant und eine unklare Zukunft. Die Luft riecht nach Lindenblüten, Sonnencreme und einem Hauch von Kaffee, weil irgendwer immer einen Verlängerten dabeihat.

 

Irgendwo dazwischen: Ich. Mit einem Eiskaffee in der Hand, der optisch zwischen Dessert und Getränk pendelt. Die Eiswürfel klirren, als würden sie „Prost“ sagen. Die Vögel zwitschern, obwohl sie genau wissen, dass sie gegen die Wiener Philharmoniker keine Chance haben. Aber sie machen’s trotzdem – aus Prinzip.

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Gegen Mittag wird’s heiß. Die Schattenplätze sind so begehrt wie leistbare Altbauwohnungen. Kinder rennen kreischend durch die Wasserfontänen, Hunde liegen flach auf dem Bauch und hinterfragen ihre Fellentscheidung. Die Sonne brennt, aber niemand beschwert sich – noch. Es ist der stille Pakt des Sommers: Man schwitzt gemeinsam und sagt nichts.

 

Am Nachmittag legt sich ein entspanntes Murmeln über den Park. Die Stadt wird leiser, als hätte sie kollektiv Siesta beschlossen. Die Porzellanmanufaktur glänzt in der Hitze wie ein etwas zu teures Souvenir. Die Bäume rauschen, und plötzlich wirkt alles wie ein Film, bei dem man vergessen hat, ob noch etwas passiert – oder ob genau das der Punkt ist.

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Dann, Abend. Der Himmel färbt sich rosé, als hätte jemand den Filter „Wiener Romantik“ aktiviert. Die ersten Leute packen ihre Sachen, die Gelsen ihre Messer. Über den Rasen zieht der Geruch von Grillwürstel und After Sun. Die Hitze lässt nach, und für einen Moment ist alles perfekt im Unperfekten.

 

Der Augarten bleibt zurück – ruhig, stolz, ein bisschen grantig, aber herzlich. Eben Wien.

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