Hausherrenstiege
Was es mit der Hausherrenstiege in Wiener Gründerzeithäusern auf sich hat
Die Gründerzeit – was für eine prunkvolle Architekturperiode. Ihren Höhepunkt hatte sie Ende des 19. bis Anfang des 20. Jahrhunderts. Die Gründerzeit war die Zeit des Kaiserhauses, eine Zeit der Industrialisierung und folglich auch eine Zeit des Geldes. Noch heute können wir diese Architekturepoche an Merkmalen wie den aufwendig verzierten Gebäudefassaden, ausladenden Grundrissen oder an für die damalige Zeit top-moderner Haustechnik erkennen. Und daran, dass die Mietshäuser, Palais und Villen über eine separate Stiege verfügten. Doch was hat es damit auf sich?
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Die reiche Gesellschaft, in der Regel wohlhabende Industrielle und Adelige, hatten große Villen und Bedienstete in den besten Gegenden Wiens. Die meisten Gründerzeitvillen findet man noch heute in Döbling, Währing (die beiden Bezirke teilen sich das Cottage-Viertel) und Hietzing. Andere lebten in großen Häusern mit mehreren Wohnungen, hatten aber in der Regel eine exklusive Etage für sich. Üblicherweise war das die sogenannte Beletage, der erste Stock – sie hatte die höchste Raumhöhe und war am prunkvollsten gestaltet. Denn damals galt: Je höher das Stockwerk, desto niedriger die Räume. Je weiter oben, desto weniger Prestige.
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Zur Gründerzeit hatten Adelige und das Großbürgertum in der Regel zahlreiche Hausangestellte: Köchinnen und Köche, Hausmädchen, Gärtner und Kindermädchen zum Beispiel. Viele von ihnen wohnten mit den Hausbesitzern unter einem Dach, durften aber nicht über den gleichen Zugang die Wohnräume ihrer Arbeitgeber betreten. Aber nicht nur in den Gründerzeitvillen, sondern auch in den Stadtpalais, in denen die Eigentümer Wohnraum an ebenfalls finanzstarke Mitbürger vermieteten sind diese zu finden. Teile des Großbürgertums konnten sich ihr Eigenheim ohne Vermietung schwer leisten, weshalb sie ihre Häuser gleich so bauten, dass ihre Mieter über das allgemeine Stiegenhaus zu ihren Wohnungen kamen, während die Besitzer der Gebäudes ihre Wohnung über einen eigenen Zugang betreten konnten. Und da kommen wir auch schon zur Bedeutung der sogenannten Hausherrenstiege. Sie war, und daher kommt auch der Name, den Hausherren vorbehalten. Und den Frauen des Hauses selbstverständlich auch. Bedienstete und „niedere Besucher“ jedoch hatten keinen Zugang.
In Häusern mit mehreren Wohnungen waren die Mietwohnungen in der Regel über offene Gänge im Innenhof oder eben über ein separates Stiegenhaus erreichbar. Die Hausherrenstiege führte an separater Stelle direkt in die Gesellschaftsräume und in die Wohnräume der Hausbesitzer. Die Hausherrenstiege war in vielen Fällen eher schmal, zeichnete sich aber durch besondere Exklusivität und Eleganz aus. Sie diente nicht nur als direkter Weg in die Wohnräume, sie war auch ein Statussymbol und Zeichen von Geld und Macht. Oft wurden das durch edle Materialien wie Marmor oder Holz verdeutlicht. Wenn wir künftig genau schauen, vielleicht entdecken wir sie noch hie und da, die Hausherrenstiege. Kleiner Tipp unser Nicolai1873 hat auch eine …